Autor: Sabine Trautmann-Voigt

Die Täter-Opfer-Wippe: Einleitung

Wir fragten uns oft, zu welchen relevanten Themen wir öffentlich Stellung beziehen können und wollen. In den letzten Jahren ging es uns um die sogenannte Effektivität in der psychotherapeutischen Profession und unseren Zweifel am Machbarkeitswahn einer streng an Leitlinien orientierten oder rein verfahrensspezifischen Psychotherapie (Trautmann-Voigt & Voigt, 2020). Es ging uns um konstruktive Kritikversuche am festgefahrenen Schulendenken zwischen Verhaltenstherapie und Tiefenpsychologie und um Konzepte einer Methoden integrierenden Psychotherapie (Trautmann-Voigt & Voigt, 2017). Im vorliegenden Buch stehen nun drängende Fragen nach der Dynamik von struktureller und Menschen gemachter Gewalt und Macht-Ohnmacht-Konstellationen im Vordergrund der Betrachtung. Dabei geht es tatsächlich auch um so große Fragen wie die nach der Würde des Menschen, um Respekt vor dem Andersartigen und um die Hintergründe von verabscheuungswürdigem und missbräuchlichem Handeln.

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Die Täter-Opfer-Wippe: Verantwortung

“Reichen Schutzmaßnahmen für Mitglieder helfender Berufe aus? Es geht ja um eine zunehmende gesellschaftliche Radikalisierung und Enthemmung Einzelner oder bestimmter Gesellschaftsgruppen, denen grundsätzliche Fähigkeiten wie Konfliktbereitschaft, Spannungstoleranz, Frustrationsbereitschaft, Diskursfähigkeit sowie Empathie zu fehlen scheinen. Das intuitive Empfinden für eine gute Balance und Ausgleichsbemühungen zwischen extremen Handlungsmöglichkeiten sind bei diesen Menschen erstarrt. […]

Fast scheint es so, als habe sich diese Pathologie mit hoher Gewaltbereitschaft und Intoleranz dem “Fremden” gegenüber nicht nur auf Einzelne, sondern auf ganze Schichten, Gesellschaften und Staaten ausgedehnt. Was erleben solche TäterInnen als Recht, was als Unrecht? Wieso erleben sie sich als hilflose Opfer der Gesellschaften, in denen sie leben? […]

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