Eine einfache Mitteilung
Eine einfache Mitteilung (1859)
Wenn wir beabsichtigen, einen Menschen zu einer bestimmten Stelle hin zu führen, müssen wir uns zunächst bemühen, ihn dort anzutreffen, wo er sich befindet und dort anzufangen. Jeder, der dies nicht kann, unterliegt einer Selbsttäuschung, wenn er meint, anderen helfen zu können. Wenn ich wirklich einem anderen helfen will, muss ich mehr verstehen als er, aber zuerst muss ich begreifen, was er verstanden hat. Falls mir dies nicht gelingt, wird mein Mehr-Verständnis für ihn keine Hilfe sein. Würde ich trotzdem mein Mehr-Verständnis durchsetzen, dürfte dies wohl in meiner Eitelkeit begründet sein. Ich möchte meine Unterstützung durch seine Bewunderung ersetzen. Aber jede wahre Kunst der Hilfe muss mit einer Erniedrigung anfangen.
Der Helfer muss begreifen, dass zu helfen nicht zu herrschen ist, sondern zu dienen; dass Helfen nicht eine Macht, sondern eine Geduldsausübung ist; dass die Absicht zu helfen einem Willen gleichkommt, bis auf weiteres zu akzeptieren, im Unrecht zu bleiben und nicht zu begreifen, was der andere verstanden hat.